das Jahr 2024 war für die TIB ein Jahr voller spannender Entwicklungen. Ein besonderes Highlight war der Start unseres neuen Dienstes „ORKG Ask“. Das innovative Such- und Erkundungssystem beantwortet wissenschaftliche Fragen mit Hilfe Künstlicher Intelligenz (KI) und hilft Forschenden dabei, die wissenschaftlichen Beiträge zu finden, nach denen sie wirklich suchen. Das KI-Tool ist ein wichtiger Schritt, um Forschungsergebnisse transparenter und vergleichbarer sowie wissenschaftliches Wissen besser zugänglich zu machen.
Im Mai feierten wir die Wiedereröffnung des frisch sanierten Lesesaals Patente und Normen. Dort entstand ein moderner Lern- und Begegnungsort. Der historische Lesesaal im Marstallgebäude ist aber nicht nur ein Raum für konzentriertes Arbeiten, sondern bietet auch Platz für Veranstaltungen. Denn der Austausch mit der Gesellschaft und den wissenschaftlichen Gemeinschaften spielt für uns als TIB eine wichtige Rolle – ob vor Ort bei Konferenzen, Workshops oder Formaten wie dem Technik-Salon oder bei unserer rein virtuellen Konferenz #vBIB.
Ein großes Dankeschön gilt allen Mitarbeiter:innen und Partner:innen für ihre wertvollen Beiträge und ihr Engagement. Wir freuen uns darauf, im kommenden Jahr gemeinsam weiter an der Vision einer offenen und zugänglichen Wissenschaft zu arbeiten.
Ihr
Sören Auer / Direktor der TIB
Elektronische Zeitschriften, auch E-Journals genannt, sind in vielen wissenschaftlichen Disziplinen alltäglich und unverzichtbar. Elektronische Zeitschriften mit offenem Zugang (Open Access) sind sogar frei für alle Forschenden und Interessierten online verfügbar. Deshalb ist es wichtig, dass diese Zeitschriften auf Dauer zugänglich sind, selbst wenn Verlage schließen oder verlagseigene Plattformen eingestellt werden.
Die digitale Langzeitarchivierung der TIB ermöglicht die Nutzung und das Lesen der elektronischen Daten über viele Jahre hinweg: Sie hat die Aufgabe, die Eigenschaften der verschiedenen digitalen Formate zu erkennen, zu verstehen und Strategien für deren Erhalt zu entwickeln.
Als eine von 18 „Hüter:innen“ weltweit und die zweite in Deutschland, die mit dem ISSN International Centre kooperiert, weist die TIB ihre E-Journals in der Keepers Registry nach. Diese Plattform ermöglicht es Bibliotheken, Repositorien und Archiven, den Archivierungsstatus von Zeitschriften zu überprüfen.
Der digitale Bestand der TIB umfasst derzeit etwa 2.500 Zeitschriftentitel, einschließlich Wiley-Zeitschriften, für die die TIB für das DEAL-Konsortium die nationale Aufgabe der ‘Dark Archive‘-Archivierung übernommen hat.
Das TIB AV-Portal, das Videoportal der TIB, feiert im April 2024 sein 10-jähriges Jubiläum. Das ist für uns eine schöne Gelegenheit, um mit Margret Plank und Matti Stöhr über das Portal zu sprechen. Margret Plank ist als Leiterin des Labs Nicht-Textuelle Materialien von Anfang an für das TIB AV-Portal verantwortlich, Matti Stöhr begleitet es seit Mai 2020 als Community Manager.
Herzlichen Glückwunsch zu zehn Jahren TIB AV-Portal! Ein perfekter Anlass, um den Blick auf die Anfänge, die Gegenwart und auch die Zukunft des TIB AV-Portals zu werfen. Beginnen wir bei den Anfängen: Wie entstand die Idee zu einem Videoportal für die Wissenschaft und wie ging es danach weiter?
Margret Plank: Als wir 2010 anfingen, uns mit dem Thema Wissenschaftsfilm zu beschäftigen, war es unser Ziel, wissenschaftliche Videos besser zugänglich und nutzbar zu machen. Damals war schon klar, dass die TIB die Bestände des ehemaligen Instituts für Wissen und Medien – kurz IWF – übernehmen würde, also Bestände aus 100 Jahren Wissenschaftsfilm. Außerdem nahm die Produktion von wissenschaftlichen Videos in unterschiedlichen Formaten stark zu, sogar die NASA startete damals einen YouTube-Kanal.
Die Entwicklung unseres Portals zielte auf Benutzerfreundlichkeit und nutzte in der Frühphase Experteninterviews und Umfeldanalysen. Unsere Vision war ein Videoportal, das zusätzlich zu den Metadaten die gesprochene Sprache, Text und Bildinformationen indexiert: Damit wären Videos dann genauso gut durchsuchbar wie ein Volltext. Jedes Video sollte einen DOI (Digital Object Identifier) erhalten und sekundengenau zitierbar sein.
Bei der Umfeldanalyse stießen wir auf ein Projekt des Hasso-Plattner-Instituts, das gemeinsam mit den Firmen FlowWorks und Filmwerte an einem Videoportal für Filmarchive arbeitete. Wir haben uns dann zusammengetan und einen Prototyp erstellt, den wir mit der Firma Usability.de auf der CEBIT 2013 getestet haben. Das endgültige Produkt – das TIB AV-Portal – startete schließlich im April 2014 mit 2.000 Videos.
Matti Stöhr: In den Folgejahren nahm das TIB AV-Portal auf ganz vielen verschiedenen Ebenen eine – Vorsicht: Spoiler – als Erfolgsgeschichte zu wertende Entwicklung. Denn von vornherein war klar, dass sich die Plattform nicht auf die Speicherung und (innovative) Verfügbarmachung des historischen IWF-Filmerbestands beschränkt. Gezielt und teils kampagnenartig wurden und werden bis heute aktuelle wissenschaftliche Filme in voller Genrevielfalt aktiv und erfolgreich akquiriert: von Konferenzaufzeichnungen über Lehrfilme bis hin zu Video Abstracts.
Das war und ist nicht trivial, denn unser Credo ist die verbindliche, langfristige Klärung von Urheber- und Persönlichkeitsrechten. Und das möglichst in Form offener Creative Commons-Lizenzierung. Zunehmend kamen, auch und gerade durch intensive Öffentlichkeits- und Communityarbeit, immer mehr wissenschaftliche Einrichtungen und einzelne Forschende mit ihren Videos auf uns zu. Mitte 2017 waren im Portal bereits 10.000 Videos, zwei Jahre später schon 20.000. Seit Ende 2022 sind nun weit über 40.000 Videos recherchier- und anschaubar und dank Open Data auch mehrheitlich umfangreich und flexibel nachnutzbar.
Offene Forschungsinformationen – das fordern die Erstunterzeichner:innen der „Barcelona Declaration on Open Research Information“, zu denen auch die TIB gehört. Sie setzen sich für einen Wandel beim Umgang und Zugang von Forschungsinformationen ein. Forschungsinformationen sind Metadaten über Forschungsaktivitäten von Wissenschaftler:innen, Einrichtungen und Projekten, über Konferenzen, Forschungsdaten und -software, wissenschaftliche Monographien und Zeitschriftenartikel.
Die Erklärung betont den Wert öffentlich zugänglicher Forschungsinformation für die wissenschaftliche Gemeinschaft sowie für eine transparente und faire Bewertung ihrer Akteur:innen. Denn allzu oft basiert die Entscheidungsfindung in der Wissenschaft auf nicht frei verfügbaren Forschungsinformationen. Diese sind in Plattformen gewinnorientierter Anbieter eingeschlossen und ihre Nutzung und Wiederverwendung ist oft stark beschränkt. Es mangelt an Transparenz und Reproduzierbarkeit. Fehler, Lücken und Verzerrungen sind dort schwer aufzudecken und noch schwerer zu beheben. Entscheidungen über die Karrieren von Forscher:innen, über die Zukunft von Forschungsorganisationen und letztlich darüber, wie die Wissenschaft der gesamten Menschheit dient, hängen von diesen Forschungsinformationen ab.
Mehr als 40 wissenschaftliche Organisationen haben sich nun im Rahmen der „Barcelona Declaration on Open Research Information“ dazu verpflichtet, die Offenheit von Forschungsinformationen zur Norm zu machen. Offene Forschungsinformationen ermöglichen es, wissenschaftspolitische Entscheidungen auf der Grundlage transparenter Nachweise und umfassender Daten zu treffen. Sie ermöglichen, dass Informationen, die in Forschungsevaluierungen verwendet werden, für die Beurteilten zugänglich und überprüfbar sind. Und sie ermöglichen es, dass die weltweite Bewegung für eine offene Wissenschaft durch vollständig offene und transparente Informationen unterstützt wird.
Für die zeitgemäße Hochschullehre sind digitale Lehr- und Lernmaterialien unverzichtbar. Umso wichtiger ist es, dass diese als offene Bildungsmaterialien – also Open Educational Resources (OER) – offen lizenziert, frei zugänglich und nutzbar sind. So wie bei twillo, dem vom niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur finanzierten Portal für OER, und beim Open Resources Campus NRW, das vom nordrhein-westfälischen Ministerium für Kultur und Wissenschaft finanziert wird. Zwischen diesen beiden Akteur:innen gibt es seit 2024 eine zukunftsweisende Zusammenarbeit: Das OER-Portal twillo stellt das Repositorium – einen Dokumentenserver – für ORCA.nrw bereit.
Bisher entwickelten viele Bundesländer die technische Infrastruktur ihrer Portale für digitale Lehr- und Lernmaterialien unabhängig voneinander. Nun arbeiten erstmals zwei Landesportale bei dem Betrieb von Repositorien (Dokumentenserver) – und damit bei einem Kernbestandteil der technischen Infrastruktur – zusammen und schaffen so Synergien. Durch diese Zusammenarbeit greifen Nutzer:innen aus Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen auf die gleichen Repositorien zurück, um OER teilen können.
„Diese Kooperation ist ein wichtiger Beitrag in der Entwicklung der digitalen Hochschullehre. Es freut uns, dass unsere niedersächsische Initiative damit sowohl regional als auch überregional Anklang findet und dazu beiträgt, den Zugang zu digitaler Bildung zu stärken“, sagt Prof. Dr. Joachim Schachtner, Staatssekretär im Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur.
Der „Internationale Tag des allgemeinen Zugangs zu Informationen“ – International Day for Universal Access to Information (IDUAI) – wird jedes Jahr am 28. September gefeiert. Dieser Tag, der von der UNESCO ins Leben gerufen wurde, soll auf die Bedeutung eines freien und uneingeschränkten Zugangs zu Wissen als Menschenrecht und Grundlage für nachhaltige Entwicklung und Innovation aufmerksam machen.
Als Deutsche Zentrale Fachbibliothek für Technik sowie Architektur, Chemie, Informatik, Mathematik und Physik stellt sie nicht nur ihren weltweit einmaligen Bestand wissenschaftlicher Informationen aus Technik und Naturwissenschaften bereit, sondern engagiert sich auch seit vielen Jahren für den freien Zugang zu Informationen und Forschungsergebnissen. Durch Angebote im Bereich Open Access, Forschungsdatenmanagement und mit innovativen digitalen Diensten leistet die TIB einen bedeutenden Beitrag dazu, dass Forschende und Interessierte auf wichtige wissenschaftliche Ressourcen zugreifen können.
Die TIB ermöglicht Wissenschaftler:innen und Interessierten mit verschiedenen Angeboten weltweit den Zugang zu wertvollen Informationen: So bietet etwa das TIB AV-Portal Zugang zu wissenschaftlichen Videos, das Portal twillo macht freie Lehr- und Lernmaterialien verfügbar und mit dem TIB-eigenen Open-Access-Verlag TIB Open Publishing stellt die TIB die passende Infrastruktur für Open-Access-Publikationen bereit. Darüber hinaus treibt die TIB die Open-Access-Transformation durch die Verhandlung attraktiver Lizenzverträge sowie die finanzielle Unterstützung von Preprint-Plattformen wie arXiv oder chemRxiv voran.
Der Dienst ORKG Ask, ein wissenschaftliches Such- und Erkundungssystem, hilft Forschenden dabei, auf Grundlage von 80 Millionen wissenschaftlichen Publikationen und mithilfe Künstlicher Intelligenz Forschungsfragen effizient zu beantworten. Dabei erhalten die Nutzer:innen durch die Analyse und den Vergleich von Forschungsergebnissen nicht nur strukturiert relevante Informationen, sondern ORKG Ask erleichtert auch interdisziplinäre Forschung und den Wissenstransfer.